Stallmatten- Artikel RPP

11-10-20 Birgit Dohmen 0 Kommentare

Rutschfest und gemütlich

Die herkömmliche Pferdebox besteht aus einem Untergrund aus Beton und wird mit diversen Stroh- oder Spänesorten eingestreut. Doch nicht selten kommt es vor, dass das Pferd die Einstreu wegscharrt und nachts auf dem kalten Boden liegt. Um so etwas zu vermeiden, wurden Anfang der 90er Jahre die ersten Gummimatten in Pferdeboxen verlegt. Drei Jahrzehnte später haben sich die Matten längst etabliert – und das nicht nur in den Boxen, sondern auch im Bereich von Putz- und Waschplätzen oder auf Paddocks. Was man beim Einsatz von Gummimatten bedenken sollte, verraten Peter Tenholt und Dr. Evelin Bent-Moers.

Peter Tenholt, der sowohl ganze Stallgas-sen von großen Gestüten als auch einzelne Boxen mit einem zusätzlichen Boden aus Gummi ausstattet, erklärt, in was für Kategorien Stallmatten heutzutage unter-teilt werden: „Zunächst unterscheidet man zwischen Feuchtigkeit durchlässigen und nichtdurchlässigen Gummimatten. Bei durch-lässigen Matten sollte immer ein Abfluss vor-handen sein, damit die Feuchtigkeit – also vor allem der Urin des Pferdes – abgeführt werden kann. Man kann feuchtigkeitsdurchlässige Matten auch im Außenbereich verwenden, sei es auf dem Paddock oder auf Verbindungswe-gen. Die Matten kommen auch auf vorhande-nem Schotter oder Splitbrettuntergrund gut zu liegen. Bei der undurchlässigen Variante muss darauf geachtet werden, dass genügend Einstreumaterial vorhanden ist, um die Flüs-sigkeiten aufzunehmen. “ Hat man sich zwischen durchlässig und un-durchlässig entschieden, gibt es zahlreiche weitere Varianten: „Es gibt verschiedene Voll-gummimatten mit unterschiedlichem Liege-komfort teilweise mit einer Stärke von bis zu 28 Millimetern in verschiedensten Größen, ob als Puzzlematte oder in Sonderlängen bis zu 6,50 Meter, die man verlegen kann. Die Matten gibt es mit unterschiedlichen Ober-flächen, Profilen oder Strukturen zur Rutsch-hemmung“, erläutert Peter Tenholt. Außer-dem gibt es eine dauerhafte Alternative: „Gummi-Estrich kann man fugenlos und nahtlos aufspachteln. Der Gummi-Estrich ist jedoch immer undurchlässig. Es handelt sich dabei um Naturkautschuk, der mit einem Bindemittel, einem Härtepulver und einem Gummigranulat zu einer spachtelfähigen Masse angerührt wird. Dieser wir dann auf den vorher gereinigten, vorbehandelten Un-tergrund aufgetragen und härtet dann aus.“Bei dem Estrich aus Gummi variiert die Haltbarkeit von Kunde zu Kunde: „Teilweise haben Kunden den Gummi-Estrich seit 20 Jahren und er ist kaum abgenutzt. Bei ande-ren Kunden, deren Böden extremer genutztwerden, mussten wir schon nach fünf Jah-ren das Material erneuern. Es kommt immer auf die Frequentierung und Beanspruchung der Fläche sowie deren Pflege an.“ Der Gummi-Estrich wird nicht nur in der Box, sondern häufig auch bei der Anlage von Putz- und Waschplätzen verwendet. „Gerade dort ist auch ein rutschhemmender Boden sinnvoll, der wasserundurchlässig, aber pflegeleicht ist. Dort gibt es auch die Möglichkeit, eine Verschleißmatte miteinzubauen, die widerstandsfähiger ist als der Gummi-Estrich. Wenn man an einem Putzplatz 15 Pferde pro Tag fertig macht, kann der reine Gummi-Estrich schon schneller Schaden erleiden als eine vulkanisierte Vollgummimatte, die mit einer verschleißfesten Deckschicht ausgestattet ist. Gerade beschlagene Pferde, die Vidia-Stifte in den Eisen tragen, nutzen den Boden deutlich extremer ab als Barhufer.

”Bakterien haben keine Chance”

Neben der Einstreu-Ersparnis und den rutschhemmenden Eigenschaften hat ein Bodenbelag aus undurchlässigem Gummi noch einen weiteren Vorteil: „Dadurch, dass das Material vulkanisiert und gepresst ist, entsteht eine geschlossene Oberfläche. Diese nimmt keine Bakterien auf und ist deutlich hygienischer als Beton.“ Hier besteht ein Unterschied zu der Alternative, die die Feuchtigkeit durchlässt: „Die wasserdurchlässigen Matten sind offenporig. Das entsteht durch ein grobkörniges Material. Wir haben im Regelfall ein Material von sechs Millimetern Körnungsstärke und es gibt je nach Hersteller Gummigranulat, Gummifasern oder eine Mischung aus beiden Varianten, sodass keine vollkommen geschlossene Oberfläche entsteht.“ Egal ob Gummimatte oder Gummi-Estrich, die Reinigung bleibt gleich: „Es reicht, wenn man das Material mit Wasser abwäscht, sei es mit dem Wasserschlauch oder mit dem Hochdruckreiniger. Je nach Beanspruchung reicht eine zweimalige Reinigung im Jahr.”Teilweise muss Peter Tenholt mit seinen Mitarbeitern ganze Stallgassen mit Gummi-Estrich auslegen. Mittlerweile gehören aber auch eine Vielzahl an Privatleuten zu seinen Kunden, die zum Beispiel Kunststoffmatten aus Recyclingstoffen für eine einzelne Box beziehen. „Diese kostengünstigen Varianten sind bedingt rutschhemmend und besitzen einen nicht so hohen Federungskomfort. Dadurch, dass unten an der Rückseite Abstandsnoppen eingepresst sind, kann sich jedoch ein wärmeisolierendes Polster bilden. Es reicht dann schon, dass sich zwischen den Noppen und dem Boden Luft befindet, die wärmeisolierend wirkt. “Eine professionelle Reitanlage, eine Deckst-tion oder ein Gestüt tendieren in der Regel aber eher zu einem Gummi-Estrich. „Diese Kunden möchten einen pflegeleichten hygienischen Boden, der den Vorteil hat, dass sich kein Dreck unter den Matten sammelt oder in die Matten reinsetzt. Dieser Boden muss auch nicht nach fünf Jahren rausgerissen werden, sodass die Kunden dann lieber in den teureren Gummi-Estrich investieren oder in eine hochwertige Gummimatte.“Lässt man hingegen als Privateinstaller die Box mit einem zusätzlichen Bodenbelag ausstatten, dann sollte man im Hinterkopf haben, dass man mit seinem Pferd vielleicht noch einmal umzieht. Da lohnt sich eine passende Gummi- oder Kunststoffmatte, die man im besten Fall in der nächsten Box wie-derverwenden kann. „Man kann die Gummimatten entweder neu zuschneiden oder noch weitere Stücke dazukaufen, die man dann dransetzt“, weiß Peter Tenholt. „Bis die Matten verschlissen sind, kann man sie beliebig neu verlegen und gegebenenfalls an eine neue Box anpassen.“ Die Matten sind im Regelfall mit einem umlaufenden Puzzlesystem oder einem Feder- oder Steckbügelsystem miteinander verbunden.

Schadstoff-Aufnahme durch anknabbern?

Wer kennt es nicht: Man kann dem Pferd noch so viel Spielzeug in die Box hängen – meistens knabbert es doch genau das an, was es nicht soll. „Bis jetzt haben wir noch nie die Rückmeldung von Kunden erhalten, dass Pferde die Matten oder Bodenbeläge angeknabbert haben“, so Tenholt. „Aber man möchte natürlich auf der sicheren Seite sein, falls der Fall doch einmal eintreten sollte. Da möchte ich mich auf meine Hersteller und Lieferanten verlassen können, dass keine schädlichen Inhaltsstoffe verwendet werden. Daher arbeiten wir mit namhaften deutschen Herstellern, die TÜV-zertifiziert und DLG-geprüft sind, zusammen.“ Ist die Box erst einmal mit Gummi-Estrich oder Gummimatten ausgestattet, kann man mit der Einstreu etwas sparsamer umgehen, da das Gummi wärmeisolierend wirkt und den Boden etwas komfortabler gestaltet: „Ob Späne, Stroh, Leinenstroh oder Hanfstroh, die Wahl der Einstreu bleibt dem Pferdehalter überlassen. Aber auf jeden Fall wird er weniger davon benötigen als zuvor! Im Winter hat man durch die Gummimatten oder den Gummi-Estrich etwa eine Einstreu-Ersparnis von 25 bis 30 Prozent, im Sommer von 10 bis 15 Prozent.

“Nicht vergessen: Einstreu hat viele Aufgaben”

Dr. Evelin Bent-Moers, Sachverständige der Landwirtschaftskammer NRW für Pferdezucht und -haltung, sieht in der Verwendung von Gummimatten ebenfalls viele Vorteile: „In der Pferdehaltung sollte der Aufenthaltsbereich der Tiere trittsicher und rutschfest sein. An den Liegebereich werden zusätzlich die Anforderungen trocken und verformbar, sprich ‚weich‘, gestellt”, erläutert die Agraringenieurin. „Hinsichtlich Rutschfestigkeit und Verformbarkeit ist ein Bodenbelag aus Gummi- oder Kunststoff einem Boden aus Beton oder Pflaster klar überlegen. Unter diesem Aspekt kann bei der Menge der Einstreu deutlich gespart wer-den.” Dabei sollte man ihrer Meinung nach allerdings folgende Aspekte unbedingt bedenken: „Ganz auf Einstreu verzichten sollte man speziell im Liegebereich nicht. Durch die Einstreu erfolgt eine Nässebindung und der Bereich lässt sich, eine regelmäßige Pflege der Streu vorausgesetzt, besser sauber und trocken halten. Darüber hinaus urinieren Pferde oftmals ungern auf spritzendem Untergrund.” Außerdem führt die Sachverständige einen weiteren wichtigen Punkt zum natürlichen Verhalten von Pferden an: „Viele Untersuchungen belegen, dass Pferde auf einer weichen Einstreumatte länger und öfter liegen und ruhen. Daher sollte genügend Einstreu in der Box vorhanden sein, damit die Pferde sich ausreichend hinlegen wollen und können.” Darüber hinaus hat die Einstreu noch einen weiteren Gesundheitseffekt: „Durch die Verminderung des ‚Stoppeffektes‘ trägt die Einstreu zur Schonung der Gelenke bei Drehbewegungen des Pferdes bei.“ Würde das Pferd sich den ganzen Tag nur auf einem Gummiuntergrund aufhalten, wird die natürliche Bewegung des Pferdes beeinträchtigt, da dieses Material kein Rutschen oder Gleiten zulässt.”Wieviel Stroh oder Späne zusätzlich zu dem Gummibelag in eine Box kommen, muss individuell beurteilt werden: „Die benötigte Menge an Einstreu hängt vom Einstreumaterial, dem Mistverfahren und dem Verhalten der Pferde ab. Hinsichtlich der Anforderungen an den Liegekomfort gibt es keine konkreten Forderungen.” Dr. Evelin Bent-Moers empfiehlt daher den „Kniefalltest“. Einfach in der Einstreu einmal auf die Knie fallen lassen und spüren, wie es sich anfühlt.

Quelle: Rheinlands Reiter und Pferde 10/2020

 

 



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