Wie viel ist ein Pferd wert? Ein Artikel von Barbara Schütz zur Taxation von Pferden

07-02-20 Birgit Dohmen 2 Kommentare

Häufig stellt sich diese Frage bei Schadens- oder Haftungsfällen.

An vorderster Stelle steht aber natürlich die Wertermittlung im Zusammenhang mit dem Kauf oder Verkauf eines Pferdes. Weitere Anlässe für die Bewertung von Pferden sind zum Beispiel Erb- oder Eheauseinandersetzungen, Wertgutachten zur Vorlage für Steuerangelegenheiten oder Abwicklungen von Insolvenzen.

 

Wie läuft eine Wertermittlung ab?

In der Regel werden zunächst ein Bewertungsstichtag und ein Ortstermin vereinbart. Am Tag der Besichtigung wird das Pferd nach der Feststellung der Identität erst einmal gemustert. Beurteilt wird dabei das Exterieur des Pferdes, also sein äußeres Erscheinungsbild sowie der Schritt und der Trab an der Hand.

Hat der Gutachter sich ein ausreichendes Bild verschafft, wird das Pferd je nach Alter und Ausbildungsstand an der Longe und/oder unter dem Sattel vorgeführt. Hierzu wird häufig durch den Sachverständigen ein Berufsreiter engagiert, der den Gutachter unterstützt die Rittigkeit eines Pferdes zu beurteilen. Besonders rittig gelten Pferde, die sich leistungsbereit, einsatzfreudig und als leicht zu reiten präsentieren.

 

Ebenso wichtig wie die Physis und die Rittigkeit eines Pferdes sind dessen innere Werte.

Ein perfekt gebautes und bildschönes Pferd kann nicht erfolgreich im Reitsport eingesetzt werden, wenn es psychisch nicht fit ist, ängstlich oder nervös, oder wenn es Unarten wie Steigen, Beißen oder Treten an den Tag legt. Daher spielen das Temperament, der Charakter und die Leistungsbereitschaft – das so genannte Interieur – eine ebenso wichtige Rolle wie das äußere Erscheinungsbild.

Liegt keine oder keine ausreichend aktuelle klinische Untersuchung des Pferdes vor, sollte diese in Absprache mit dem Auftraggeber von einem Fachtierarzt für Pferdekrankheiten erstellt werden. Art und Umfang bestimmen dabei, in wie weit der Gutachter noch Risikoabschläge anrechnet.

 

Pferd und Reiter haben damit ihren Teil erledigt und der Gutachter beginnt mit dem theoretischen Teil der Wertermittlung. Hierzu verwertet er alle ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen zum Pferd.

Im Idealfall hat er alle Dokumente, die Aufschluss über die Identität des Tieres geben, wie die Eigentumsurkunde der Deutschen Reiterlichen Vereinigung und den Pferdepass, vorliegen. Darüber hinaus können zum Beispiel Rechnungen über den Kaufpreis, Importpapiere, sowie Untersuchungsprotokolle von früheren Untersuchungen, Aufzeichnungen von Behandlungen oder Operationen oder bereits erstellte Wertgutachten, relevant sein – also im Prinzip alles, was den Werdegang des Tieres dokumentiert.

Natürlich spielt auch die Eigenleistung, also die Leistung, die ein Pferd bisher erbracht hat, eine große Rolle. Zudem betrachtet der Gutachter auch die Leistungen naher Verwandter und Nachkommen. Den Wert beeinflussen können außerdem die Rasse sowie das Zuchtgebiet. All diese Punkte bilden zusammen die wertbildenden Faktoren. Ein weiteres Kriterium kann auch das Stockmaß eines Pferdes sein. Dieses ist vor allem in der Sportponyzucht durchaus wertbestimmend. In manchen Fällen und insbesondere bei Painthorses kann sich auch die Fellfarbe eines Tieres auf den Wert auswirken. Speziell im Western- und Freizeitbereich sind Reiter bereit für besonders auffällige Fellzeichnungen oder ausgefallene Fellfarben Mehrpreise zu bezahlen.

Wer erstellt Wertgutachten?

 

Da der Begriff Sachverständiger beziehungsweise Gutachter kein geschützter Begriff ist, kann prinzipiell jeder, der sich befähigt fühlt, ein solches Wertgutachten erstellen.

Geschützt hingegen ist die Bezeichnung „öffentlich bestellt und vereidigt“. Diesen Titel dürfen nur Sachverständige tragen, die über besondere Fachkenntnisse und Erfahrungen verfügen und diese Fähigkeiten durch entsprechende Prüfungen nachgewiesen haben. Diese Sachverständigen stehen unter der ständigen Aufsicht der IHK und sind in deren Verzeichnis geführt. Zur Sachverständigensuche gelangt man unter http://svv.ihk.de/content/home/home.ihk.

Wenn kein öffentlich bestellter und beeidigter Sachverständiger beauftragt wird, sollte der Auftraggeber in jedem Fall darauf achten jemanden zu engagieren, der über genügend Vergleichsdaten verfügt und die Wertermittlungsverfahren beherrscht und anwenden kann.

 

Was kostet ein Wertgutachten?

Wird das Gutachten durch ein Gericht beauftragt, sieht das Justizvergütungsverordnungs- und Entschädigungsgesetzt (JVEG) bestimmte Sätze vor. Bei Privatgutachten sollte vor Beginn entweder eine Pauschale oder ein Stundensatz ausgemacht werden. Eine weitere Variante stellt die Vergütung nach dem Wert des Pferdes  dar. Die Vergütung kann zum Beispiel in Höhe eines Prozentsatzes des ermittelten Wertes festgelegt werden. Leider sind Pferde nicht so einfach wie Autos in eine Art Schwakeliste einzuteilen, weshalb der Zeitaufwand für ein Gutachten auch vor allem davon abhängt in welcher Form und in welchem Umfang Unterlagen und Informationen zum Pferd bereit gestellt werden können.

 

Folgende Unterlagen sollten im Idealfall für die Begutachtung und Taxation eines Pferdes vorliegen:

  • Eigentumsurkunde
  • Equidenpass
  • Aktuelles tierärztliches Gutachten (von einem Fachtierarzt für Pferdekrankheiten) inkl. Röntgenprotokollen
  • Rechnungen (z.B. über den Kaufpreis/Verträge)
  • Nachweis über Eigenleistung und Nachkommensleistung

Barbara Schütz, Dipl.-Ing. agrar (FH)



Diskussion

  • Frau Kraft

    Guten Abend,

    Leider funktioniert der Link zur IHK nicht. Ist die IHK der Ansprechpartner für mich, wenn ich mich über einen Sachverständigen wegen Parteilichkeit beschweren möchte? (NRW)

    Vielen Dank im Voraus für Ihre Bemühungen
    MKT freundlichem Gruß
    Frau Kraft

    07-02-20 Antworten
    • Birgit Dohmen

      Guten Tag Frau Kraft,
      betreffend Ihre Anfrage kann ich Ihnen folgendes mitteilen: Sollte der betreffende Sachverständige bei der IHK bestellt sein, so ist er über das entsprechende Verzeichnis der IHK zu finden. Andernfalls ist er durc die Landwirtschaftskammer bestellt und infolge dessen dort über die entsprechende Liste auffindbar. In beiden Fällen ist bei der entsprechenden Bestellungsbehörde Beschwerde einzulegen. Ich hoffe Ihnen mit diese rAuskunft dienlich sein zu können und verbleibe mit freundlichen Grüßen
      B. Dohmen

      07-02-20 Antworten

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